Eine multikulturelle Nation

Urengländer, Schotten, Iren und Waliser

Benimmt sich in den Augen eines Engländers einer seiner Landsleute »unenglisch«, hat er hierfür drei Erklärungen parat: Der betreffende ist vermutlich ein Schotte, sorry! Oder der Betreffende ist ein Ire. Oder er ist Waliser.

In jedem der drei Fälle überwiegt bei ihm die keltische Erbmasse. Dass die Engländer sich mit ihren Inselnachbarn zuweilen arrangieren müssen, fällt ihnen nicht immer leicht. Bayern und Preußen, Spanier und Basken, Russen und Tschetschenen, Franzosen und Korsen: Eure Probleme kennen die Briten auch!

Indes, sie tragen ihre Konflike mit geringen Ausnahmen nur in Nordirland aus. Lassen wir die Politik hier jedoch beiseite und bleiben wir beim alltäglichen Umgang mit einander. Un-english behaviour ist durchaus nicht mit »schlechtem Benehmen« gleichzusetzen. Aber so, wie die Berliner und die Münchner, die Zürcher und die Appenzeller, die Wiener und die Tiroler einander durch den sprichwörtlichen Kakao ziehen, pflegen die Engländer gern ihre Vorurteile gegenüber ihren Landsleuten im Westen und im Norden. Dennoch sind die Engländer stolz auf »ihren« berühmten Literaten George Bernhard Shaw aus Irland, auf einen in Schottland gebürtigen Rennfahrer und Formel-1-Weltmeister Jackie Stewart und einen Tom Jones, der wie Liz Taylors Ehe­mann Richard Burton aus Wales stammt.

Politische Debatten

Die Vertreter der verschiedenen politischen Lager – Konservative, Liberale und Anhänger der New Labour – tragen ihre Kontroversen mit Leidenschaft in den Medien aus. Der BBC überträgt gern endlos lange Unterhausdebatten und Interviews mit wichtigen Persönlichkeiten aus allen Ressorts. Zunehmenden Einfluss üben Englands »Grüne« aus; die Greenpeace-Organisation und etliche weitere Naturschutzbündnisse stellen in England heute politische Faktoren beachtlichen Ausmaßes dar.

Auch als Gastbürger kommen Sie nicht umhin, sich schon bald mit innenpolitischen Tagesfragen zu beschäftigen. Im Laufe der Zeit bekommen Sie mit, wer von Ihren einheimischen Freunden, Nach­barn und anderen Mitmenschen der einen oder der anderen Welt­anschauung zugetan ist. Und je kleiner die Gemeinde, desto eher werden Sie auch lokalpolitische Gewichtungen registrieren.

Je später der Abend, desto eher sind sich die Teilnehmer aller Debatten einig: Sir Winston Churchill, wird man Ihnen einhellig versichern, war noch immer der klügste, fähigste und beste aller britischen Staatsmänner. Wem Platz zwei gebührt, lässt sich vor Kneipenschluss meist nicht mehr eindeutig klären. Manche meinen, dem Erzbischof von Canterbury, andere favorisieren Heinrich VIII.

Eine Glaubensfrage

Konfessionsfragen sind kaum ein Thema. England ist nicht Irland. Rund 80 Prozent der Bevölkerung Englands gehören der Church of England (Anglikanische Kirche) an, etwa zehn Prozent sind katholischen Glaubens. Es findet eine allmähliche Verschiebung dieser Verhältnisse durch kontinuierliche Zunahme von Ein­wanderern statt; die Zahl islamischer und anderer nichtchristlicher Glaubensgemeinschaften hat sich in den letzten Jahren ver­vielfacht – allerdings mehr in den Großstädten als auf dem Lande. Großbritannien hat sich zu einer multikulturellen Nation entwickelt.

Dieser Artikel ist ein Auszug aus Leben und Arbeiten in England.


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