Leben in Österreich

Der Alltag in Österreich im Vergleich zu Deutschland

In der Regel unterscheidet sich der Alltag einer in Österreich lebenden deutschen Familie kaum von dem Leben in der Bundesrepublik. Oft hat man nicht einmal das Gefühl, als „Aus­länder“ in einem fremden Land zu wohnen, weil alles eben „so nor­mal“ ist wie in Deutschland.

Das Fernsehprogramm unterscheidet sich nicht von dem im eigenen Land und selbst die heimischen Sender ORF oder ATVplus sind nur eine zusätzliche Bereicherung. Das Radioprogramm ist ebenso interessant wie bei uns, hat oftmals lokale Bezüge, genau hinhören muss man eben nur, wenn jemand in bestem Dialekt zu sprechen beginnt - aber das ist eher selten.

Wer möchte, muss nicht einmal auf die geliebte Boulevardzeitung mit den vier Buchstaben verzichten, denn die gibt es wirklich an jeder Ecke. Ansonsten ist auch die österreichische Zeitungs- und Zeitschriftenlandschaft nicht zu verachten - und eine Tageszeitung gehört einfach in jeden Haushalt, der sich an einem neuen Ort an­siedelt. Neben der Tageszeitung wird der Neu-Österreicher aber auch mit einer Flut von kostenlosen Zeitungen und Zeitschriften so­wie Werbebroschüren versorgt, was gerade dann einen großen Vorteil birgt, wenn das Haushaltsbudget knapp ist oder man so viele Informationen wie möglich über seinen neuen Wohnort be­ziehen möchte.

Die Tagesabläufe der deutschen Familien in Österreich sind mit de­nen in Deutschland vergleichbar. Einen klitzekleinen Unterschied wird man allerdings schon einmal feststellen, gerade dann, wenn man nicht unbedingt zu den Frühaufstehern gehört: In Österreich beginnen viele Veranstaltungen ein wenig früher als im Nachbar­land. So gibt es beispielsweise Schulen, die mit dem Unterricht be­reits um 7 Uhr morgens beginnen - aber auch dieser zeitige Schul­beginn ist heute eher die Ausnahme als die Regel und wird nicht unbedingt von allen Eltern, Lehrern und Schülern positiv gesehen.

Der Journalist und Autor Norbert Mappes-Niediek hat nach vielen Jahren des Lebens in Österreich eine Erklärung für diesen frühen Veranstaltungsbeginn gefunden: In Wien, so berichtet er, geht beispielsweise die Sonne rund eine Stunde eher unter als in Köln. War der Sonnenuntergang am 28. Juni 2006 in Köln für 21:53 Uhr angegeben, so mussten die Wiener bereits um 20:58 Uhr ihre Lichter anknipsen. Wer nun meint, das sei vielleicht auf einen früh­eren Sonnenaufgang zurückzuführen, der hat nur zum Teil Recht. An besagtem Tag ging beispielsweise die Sonne in Köln um 5:19 Uhr auf, in Wien dagegen um 4:56 Uhr, also nur wenige Minuten früher. Doch das sei nur Rande vermerkt.

Lebenshaltungskosten in Österreich

Vielfach hört man, dass das Leben in Österreich teurer sei als in Deutschland. Das mag natürlich auf bekannte Tourismusorte viel­leicht tatsächlich zutreffen, im ganz normalen Alltagsleben stellt man nur geringfügige Unterschiede fest. Und betrachtet man die Ausgaben für den täglichen Bedarf, so kann man spätestens seit der Erhöhung der Mehrwertsteuer in Deutschland auf 19 Prozent Anfang des Jahres 2007 kaum noch Preisunterschiede feststellen, obwohl in Österreich die Mehrwertsteuer seit Jahren sogar noch um einen Prozentpunkt höher liegt als neuerdings in Deutschland, nämlich bei 20 Prozent.

Ist das eine Produkt in Österreich mal ein wenig günstiger, kann das andere auch schon einmal ein wenig teurer sein. Beim Einkauf gleichen sich die minimalen Unterschiede jedenfalls immer wieder aus - und Discounter gibt es heute hüben wie drüben in gleicher Vielfalt. Allerdings legt man in Österreich in den Lebensmittelge­schäften viel mehr Wert auf heimische Produkte und solche, die im biologischen Anbau produziert wurden, die aber auch in der Regel in Deutschland immer ein wenig teurer sind als herkömmlich pro­duzierte Lebensmittel.

Einzig bei den Spritpreisen ist Österreich gegenüber Deutschland erheblich günstiger. Das führt natürlich bei grenznah gelegenen Tankstellen immer wieder zu einem richtigen „Run“ auf die Zapf­säulen, sehr zum Ärgernis vieler Anwohner, die dann natürlich stets mit erhöhtem Verkehrsaufkommen und einer größeren Luftver­schmutzung zu kämpfen haben.

Das Warenangebot in Österreich

Was das Warenangebot angelangt, so bekommt man in Österreich alles, was auch in Deutschland erhältlich ist und auf der Speise­karte steht. Mit wenigen Ausnahmen. Wer ohne Lakritze nicht leben kann, hier nennt man die dunkle Leckerei auch schon mal „Bären­dreck“, sollte sich in Deutschland gleich tütenweise damit ein­decken. Zumindest in Vorarlberg findet man diese Süßigkeit näm­lich so gut wie nie in den Regalen. Und auch regionale deutsche Spezialitäten sind nicht unbedingt zu finden, aber das versteht sich ja von selbst, denn auch in Hamburg wird es wohl kaum Kraut­spätzle zu kaufen geben. Die stehen aber hier auf (fast) jeder Speisekarte.

Manchmal heißen die Dinge dann in Österreich noch ein wenig anders als in Deutschland, aber daran gewöhnt man sich ebenso schnell wie an das fröhliche „Grüß Gott“, das einem in den Ge­schäften zugerufen wird. Und wenn man irgendwann an der Theke Semmeln statt Brötchen und Faschiertes statt Gehacktes bestellt, dann klappt es auch mit der Verständigung.

Sicherlich, wenn man sehr ländlich wohnt, dann muss man auch schon einmal ein paar Kilometer fahren, will man etwas Außerge­wöhnliches kaufen. Aber das ist in Österreich eben nicht anders als in ländlich strukturierten Regionen in der Bundesrepublik. Und in den Großstädten ist das Angebot nicht anders als in Deutschland auch.

Einen Unterschied spürt man allerdings schon nach kurzem Aufent­halt im Land, denn eines zeichnet die Österreicher gegenüber den Deutschen aus: Ihre schon fast sprichwörtliche Ruhe. Sie selbst sehen das zwar nicht immer so, wie mir eine Arbeitskollegin meines Mannes einmal in einem Gespräch versicherte, aber vielleicht haben gerade Außenstehende dafür eher ein Gespür.

Inzwischen habe ich in Supermärkten schon zwei- oder dreimal be­obachten können, dass das Kartenlesegerät für EC-Karten nicht funktionierte. Die Schlange hinter der Kasse wurde jeweils lang und länger, doch ließen sich weder die betroffenen Kunden noch die Kassiererinnen bei der Behebung des Problems in Hektik oder Stress versetzen.

Das wahrlich Erstaunliche aber war für mich, dass auch alle an­deren Kunden geduldig warteten, während ich selbst schon lang­sam mit den Fußspitzen zu trippeln begann. Während ich in einem deutschen Supermarkt sicherlich mit lautstarken Äußerungen und der Forderung nach dem Öffnen einer zweiten Kasse hätte rechnen müssen, blieb hier alles ruhig. Keiner schimpfte, keiner moserte, keiner zog ein verdrießliches Gesicht. Man wandte sich seiner Begleitung zu, sofern man eine dabei hatte, und vertiefte sich ins Gespräch - bis das Problem an der Kasse endlich behoben war.

Dieser Artikel ist ein Auszug aus Leben und Arbeiten in der Österreich.


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