Checkliste

20 wichtige Punkte zum Immobilienkauf in Großbritannien

Weil bei einem Immobilienkauf in England die von Ihnen zu treffenden Entscheid­ungen von einiger Tragweite sind, steht die Beantwortung wichtiger Grundsatzfragen an erster Stelle Ihres Programms.

Auf die Gesprächspartner zuzugehen und Fragen zu stellen, setzt jedoch einige englische Sprachkenntnisse voraus.

1. Kommt das Objekt bezüglich Lage, Zustand und Charakter meinem Wunschbild nahe?

2. Welchen Umfang hat die Liegenschaft insgesamt, was gehört alles dazu?

3. Entspricht die Größe des Gebäudes oder der Gebäude meinen Vorstellungen?

4. Aus welcher Zeit stammen die Baulichkeiten (Denkmalschutz!)?

5. Ist das Anwesen noch bewohnt bzw. bewirtschaftet, wird es bei der Übernahme frei?

6. Oder steht das Anwesen leer – und wie lange schon?

7. Wer ist der Eigentümer des Objekts?

8. Welche Preisvorstellungen wurden genannt?

9. Welche Zahlungsmodalitäten lassen sich aushandeln?

10. Liegen Lasten auf der Immobilie?

11. Gibt es Auflagen oder Nießbrauchrechte Dritter?

12. Wie ist die bauliche Substanz beschaffen?

13. Sind Instandsetzungsarbeiten notwendig?

14. Gibt es einen Architekten und Handwerker im Ort oder in der Nachbarschaft?

15. Wie ist die Wasser-, Gas- und Stromversorgung?

16. Wie sind die Zufahrtswege?

17. Haben sich schon andere Interessenten das Objekt ange­sehen?

18. Wie ist die regionale Infrastruktur: Verkehrsanbindung, Einkaufsmöglichkeiten, Gastronomie, Ärzte, Apotheke usw?

19. Wie sind Chancen für einen Wiederverkauf?

20. Gibt es Lärm- oder andere Störfaktoren, die Ihnen den Aufenthalt verleiden könnten?

Dieser Fragenkatalog, auf dem nachfolgend detailliert einge­gangen wird, stellt eine komprimierte Zusammenfassung dar, so­zusagen zum Abhaken vor Ort. Für Ihre Entscheidung, in England eine Immobilie zu erwerben, sind sie von ausschlaggebender Bedeutung. Wenn es Ihnen auch noch auf andere Kriterien ankommt, stellen Sie diese in einer zusätzlichen, individuellen Liste zusammen.

1. Lage, Zustand, Charakter der Liegenschaft

Liebe auf den ersten Blick?! Ganz gleich, ob es sich um ein einsames cottage (kleines Bauernhaus), eine ehemalige Wassermühle, ein attraktives Stadthaus oder eine Eigentumswohnung in einem klas­sischen manor (Herrschaftsvilla) handelt: Sie sind mit bestimmten Vorstellungen in diese Gegend gekommen und sollten sich nicht durch vordergründige Reizfaktoren zu einem spontanen Umwerfen all Ihrer mit Sorgfalt angestellten Überlegungen verleiten lassen, nur weil die Leute, die Sie gestern abend kennengelernt haben, so liebenswürdig zu Ihnen sind.

Erfüllen also die Lage – ganz einsam, in Ortschaftsnähe, im Stadtbereich, an der Küste, an einem Hang, in einem Tal, in Wald­nähe – und der Charakter des Objekts die von Ihnen gewünschten Voraussetzungen. Handelt es sich um ein heruntergekommenes Anwesen, das einer völligen Wiederherstellung bzw. eines Umbaus bedarf, oder ist das, was Sie vorfinden, ohne großen Aufwand habitabel? Hat es Stil, Ausstrahlung, eine besondere Note?

Wie steht es mit der Sonneneinstrahlung, gibt es Baumbestand, wo ist die Wetterseite, wie ist der Fernblick, das nahe Umfeld, die Art der Einfriedung? Wenn Sie ein Gartenfreund sind: Taugt der Boden für Bepflanzung? In England meist kein Problem. Ist er (in Küstennähe) eher felsig, werden Sie lastwagenweise Mutterboden herbeischaffen lassen müssen. Erkundigen Sie sich, was das pro Tonne kostet. Und wie ein Bewässerungssystem anzulegen wäre. Üppig wucherndes Unkraut ist als ein positives Kriterium zu werten: Hier geht’s der Botanik gut.

Von wesentlicher Bedeutung ist es, ob die Immobilie als freehold oder als leasehold angeboten wird. Ersteres bedeutet, dass mit dem Erwerb auch alle Rechte am Grundstück auf den Käufer übergehen. Bei einem leasehold erwerben Sie lediglich die Bausubstanz; Grund und Boden gibt Ihnen der lease lender nur in Erbpacht. Mehr darüber im nachfolgenden Kapitel über Grund­stücksrecht.

2. Umfang der Liegenschaft

Manches Grundstück in England ist nur gerade so groß wie das Haus, das auf ihm steht. Das muss aber nicht von Nachteil sein, wenn es ein Objekt in der Stadt oder Stadtnähe ist. Allerdings benötigen Sie wohl einen Autostellplatz. Manchmal wird in Immobilienanzeigen darauf hingewiesen, dass es Parkmöglichkeiten ohne Einschränkung auf der Straße gibt, im Falle kein Abstellplatz fürs Auto zur Verfügung steht. Im Allgemeinen gehören aber Einzel- oder Doppelgaragen zum Standard.

Außerhalb von Ortschaftslagen kann die zum Objekt gehörende Fläche von 250 Quadratmeter bis zu mehreren Dutzend Hektar betragen. Meist werden Grundstücke mit dem Flächenmaß acre angegeben (entspricht unserem altpreußischen Morgen = 4046,8 qm). Ausgedehnte Grundstücke können eine lohnende Investition darstellen, aber abgesehen vom daraus resultierenden Kaufpreis erhebt sich die Frage nach der sinnvollen Nutzung bzw. Bewirtschaftung größerer Grundstücksflächen.

Ganz entscheidend aber ist die Frage: Stimmt die Größe des Ihnen angebotenen Grundstücks genau mit den Angaben überein, die in den Katastern eingetragen sind? Was wirklich zum Umfang des Grundstücks zählt, weist einzig der Grundbuchauszug ( land certificate) aus, nicht die großzügige Geste des Verkäufers, dessen Arm einen riesigen Halbkreis und damit ein wunder­schönes Stück Landschaft beschreibt, das ihm vielleicht nur zu einem Teil gehört.

3. Größe der Gebäude

Hier wird ein bereits weiter vorn behandeltes Thema relevant: Wie viele Personen sollen das Objekt bewohnen, vor allem: ganzjährig oder nur zeitweilig? Je größer die Wohnfläche, desto höher die Aufwendungen für Aus­bauten, Einrichtung und für die laufende Instandhaltung, Reinigung, Heizung, Aufsicht – vom Kaufpreis ganz abgesehen.

Andererseits erweist es sich erfahrungsgemäß immer erst im Nachhinein, dass man mehr Nebenfläche als angenommen benötigt: für eine Werkstatt, zum Unterstellen von Gartenmöbeln und -geräten, für Fahrräder, Rasenmäher, Schubkarren. Auch an eine gesicherte und wettergeschützte Zwischenlagerung von Möbeln und von Baumaterial wäre zu denken.

Einen »klassischen« Keller, wie ihn bei uns die meisten Ein- oder Mehrfamilienhäuser auch auf dem Lande aufweisen, haben in England nur wenige Häuser. Meist liegt das an dem relativ hohen Grundwasserspiegel, so dass eine Art Caisson gebaut werden müsste, um den Keller verlässlich trocken zu halten. Oder man hat(te) überhaupt keinen Bedarf an Kellerräumen, was vor allem für ältere Gebäude zutrifft: Sie verfügten weder über eine zentrale Heizungsanlage noch gab es Waschmaschinen oder Tiefkühl­truhen, die man heute dort vorzugsweise unterbringt. Sollte das Haus zu den Ausnahmen gehören und tatsächlich einen nutzbaren Keller haben, so wird in den Angeboten meist sehr deutlich darauf hingewiesen.

Viele größere Villen verfügen über ein granny flat. Mit granny bezeichnet man eigentlich die Großmutter ( grandmother), die man in einer kleinen Einliegerwohnung unterbringt. Ist die Oma eines Tages verschieden, ziehen die Kinder ins granny flat, oder man wandelt es in ein Büro oder eine Gästewohnung um.

4. Alter der Gebäude

Sehr alte Gebäude haben eine Ausstrahlung, die faszinieren kann. Es ist aber nicht nur eine Frage des Ambiente oder – für den Pragmatiker – von akademischer Be­deutung, ob das Anwesen sehr alte Gebäude umfasst. Bei einem hundert und mehr Jahre alten Gebäude empfiehlt es sich unbe­dingt, nach eventuellen Auflagen zu fragen. Die Denkmalschutz­behörde Englands ( National Trust) ist sehr darauf bedacht, historische Substanz zu bewahren. Der Hinweis listed zeigt an, dass das betreffende Gebäude geschützt ist, wobei es mehrere Abstufungen ( grade 1, grade 2) gibt, Das Alter der Gebäude ist zugleich ein Qualitätsausweis: Man hat um 1900 auch in England sehr viel solider gebaut als in den sechziger und siebziger Jahren.

Die allermeisten der mit listed bezeichneten Gebäude sind mehr als einhundert Jahre alt. An ihnen darf man keine äußerlichen Veränderungen vornehmen oder Anbauten hinzufügen. Aber nicht jedes diesbezügliche Gesuch wird glattweg abgelehnt. Manchmal lohnt ein zweiter Anlauf, und wenn die geplanten Modifizierungen das Prädikat period verdienen (etwa: zeitgemäß im Aussehen und Material), ist die Angelegenheit zumindest verhandlungsfähig.

Falls Sie sich für ein älteres Haus interessieren, kommen Sie um nicht umhin, sich mit der englischen Architekturgeschichte zu beschäftigen, die sich – wie andernorts auch – an den Perioden diverser Regentschaften orientiert. Tudor, Victorian, Georgian – oder just period.

5. Bewohnt, vermietet, belegt?

Bei einem derzeit noch vom Eigentümer bewohnten Anwesen, das Sie bei Erwerb aber selbst beziehen möchten, ist eine schriftliche Zusicherung notwendig, die eine Räumung bis zu spätestens diesem Zeitpunkt zum Inhalt hat. Handelt es sich bei dem Objekt allerdings um eine vermietete Wohnung, so könnte der derzeitige Mieter einen noch bestehenden Mietvertrag vorweisen, der Ihnen einige Geduld in Bezug auf den Einzug abverlangt. Lang- oder mittelfristig vermietete Wohnungen werden deshalb oftmals sehr viel preisgünstiger angeboten als leerstehende.

Oft ist eine zum Verkauf stehende Immobilie noch nicht gleich verfügbar, weil ihr derzeitiger Besitzer selbst auf ein anderes Anwesen reflektiert, in welches er noch nicht einziehen kann, weil dieses ebenfalls noch bewohnt wird oder weil er seine Finanzier­ung noch nicht geregelt hat. So verharren manchmal drei, vier oder auch mehr Parteien unter Zeitdruck in Wartestellung. In diesem Fall spricht man von einer chain (Kette), die sich nur auflöst, wenn das an der ersten Stelle stehende »Kettenglied« hierzu den Anfang macht. Aber sie kann auch an ungewollter Stelle brechen, nämlich wenn eine der Parteien sich ausklinkt.

6. Das Anwesen steht leer

Wie lange schon? Je länger, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass erheblicher Arbeitsaufwand nötig ist, die Räume in einen bezugsfertigen Zustand zu versetzen, von baulichen Maßnahmen einmal abgesehen.

Lange Perioden des Unbewohntseins und Leerstehens müssen nicht unbedingt bedeuten, dass das Objekt verkommen ist. Wichtig ist eine ausreichende, permanente Belüftung der Räume, vor allem in alten Häusern, und aus diesem Grund können undichte Fenster oder ein paar zerbrochene Scheiben durchaus ihr Gutes haben. Bei dem in vielen Regionen relativ feuchten Klima in England ist ein Durchlüften besonders wichtig.

Ein Anwesen, das mehrere Jahrzehnte lang nicht mehr bewohnt wurde und sich Ihnen nur noch als Ruine präsentiert, also einen völligen Neuaufbau erfordert, könnte zwar ein historisch reizvolles Objekt darstellen, stellt aber auch ein Risiko dar. Vielleicht lohnt ein Stehen lassen der Grundmauern; dennoch ist die Beratung durch einen kompetenten Architekten vor dem Kauf anzuraten.

7. Wer ist der Eigentümer?

Es ist durchaus nicht selbstver­ständlich, dass derjenige, der Ihnen ein freehold-Objekt zum Kauf anbietet, auch dessen gesetzlicher oder alleiniger Eigentümer ist. Er kann zum Beispiel einer Erbengemeinschaft angehören – in diesem Fall muss er von allen seinen Miterben bevollmächtigt sein, dass er von ihnen zum Verkauf der Liegenschaft beauftragt ist. In aller Regel wird der Makler Ihnen den oder die rechtmäßigen Eigentümer nennen.

Bei einem leasehold-Objekt haben Sie es vermutlich mit einer Gesellschaft oder einer Kommune zu tun, mit der Sie den Vertrag abschließen. Deren Beauftragte haben Handlungsvollmacht, die Ihr Notar ( solicitor, conveyancer) zu prüfen hat.

8. Der Kaufpreis

Ist das für Sie in Frage kommende Objekt über einen Makler ausgeschrieben, wird sein Preis ein »Festpreis« sein. Der ist aber dennoch als Verhandlungsgröße anzusehen, sofern das Objekt bereits längere Zeit zur Disposition steht. Erscheint Ihnen der geforderte Preis unangemessen, steht es Ihnen frei, einen Gutachter ( surveyor) einzuschalten, der seinerseits einen Preis ermittelt. Das ist durchaus nicht unüblich.

Derzeit wird in Großbritannien eine Verordnung diskutiert, wonach bereits der Verkäufer ein solches Gutachten erstellen lassen (und bezahlen) soll; Gegner dieser Verordnung führen an, dass solche Gutachten wenig Wert hätten, da sie stets im Sinne des Verkäufers und damit nicht wirklich neutral und objektiv ausfallen würden. Englands staatlich anerkannte Gutachter (organisiert in der Royal Institution of Charterd Surveyors) würden sich jedoch freuen, bekäme diese Verordnung Gesetzeskraft: Sie würde ihr Geschäft verdoppeln, weil dann künftig für jedes Objekt sowohl ein Verkäufer- als auch ein Käufer-Gutachten eingeholt würde.

Fast alle Immobilienanzeigen in der englischen Fach- oder Tagespresse bzw. in den Katalogen der Agenturen, die regelmäßig erscheinen, enthalten Preisangaben. Ist dies nicht der Fall, so können Sie davon ausgehen, dass für das Objekt ein sehr hoher Preis erwartet wird – oder dass man auf ein Angebot von Käuferseite artet.

Eine Richtlinie für Quadratmeterpreise gibt es in England nirgends. Man kennt zwar Durchschnittswerte für eine bestimmte Gegend, auch liefert die Royal Institution of Chartered Surveyors (Adresse im Anhang) gewisse Anhaltspunkte, letzten Endes ist aber alles eine Frage der Verhandlung und der persönlichen Einschätzung. Nur wo Vergleiche durch eine Vielzahl von Angeboten möglich sind, liegen die Preise schon aus Gründen des Wettbewerbs nicht sehr weit auseinander.

9. Zahlungsmodalitäten

Auf welcher Zahlungsweise besteht der Verkäufer? Normalerweise setzen die Notare von Verkäufer und Käufer eine Vereinbarung auf, wenn sich die Parteien handelseinig geworden sind ( sale agreed), die eine Art Vorvertrag darstellt. Der Käufer zahlt etwa zehn Prozent des Kaufpreises als Anzahlung und begleicht den Rest beim exchange of contracts, also bei der Eigentumsübergabe durch Vertragsunterzeichnung. Die Zahlungen erfolgen zumeist über die Notare als Treuhänder.

10. Lasten auf dem Grundstück

Im Regelfall kümmert sich der Notar, der den Kaufvertrag aufsetzt, auch um die Fragen eventuell bestehender Lasten. Grundsätzlich gehen Verpflichtungen aus einer bestehenden Hypothek ( mortgage) nicht auf den Erwerber der Immobilie über. Der Verkäufer muss seine bestehenden Dar­lehensverpflichtungen abwickeln, der Käufer pflegt einen lasten­freien Besitz zu übernehmen.

11. Auflagen, Rechte Dritter

Zahlreiche ältere und historisch bedeutsame Bauten, zu denen auch ein kleines, unscheinbares cottage in einem abgelegenen Tal zählen kann, stehen – wie bereits ausgeführt – in England unter Denkmalschutz. Damit können Auflagen verbunden sein, eine Restaurierung, Moderni­sierung oder bauliche Erweiterung betreffend.

Rechte Dritter könnten in Form eines Vorkaufsrechts ( right of pre-emption) durch Nachbarn eines bestimmten Grundstücks be­stehen, zum Beispiel bei landwirtschaftlich nutzbaren Flächen. Und als »Nachbarn« kommen nicht nur die in Frage, deren Grund unmittelbar an das von Ihnen zu kaufen beabsichtigte Objekt angrenzt. Am besten erkundigen Sie sich, falls Sie ein ländliches Anwesen erwerben wollen, ungeachtet der Angaben des Maklers beim Land Registry nach den in Frage kommenden Nachbar­parteien und geben diesen von der Kaufabsicht mit 30-Tage-Einspruchsfrist Kenntnis.

Wie bei uns, kann es den Nachbarn zustehende Nutzungsrechte an Wegen geben, die über das von Ihnen favorisierte Grundstück führen. Normalerweise wird man Sie auf diese Rechte Dritter gleich zu Anfang aufmerksam machen, andererseits können solche Rechte aber seit Generationen zu Gewohnheiten und Selbstverständlichkeiten werden, so dass man gar nicht mehr darüber spricht. Also sollte der Kaufinteressent bzw. sein Notar dieses Thema in den Fragenkatalog aufnehmen.

Es gibt auch ein Leitungsrecht (Wasser, Strom), das Ihr Grund­stück eventuell tangiert. Oder eine bestehende Verpflichtung zu eingeschränkter Bebauung, die natürlich zu einer Minderung des Kaufpreises führt – wenn man von ihr weiß.

Auch könnten Forstrechte Dritter eine Bebauung einschränken, vor allem wäre der Landschaftsschutz zu nennen. Hierüber erhalten Sie beim Land Registry ebenfalls Auskunft, wo auch die genau vermessene Grundstückslage zu erfahren ist, sofern darüber Zweifel bestehen.

Im umgekehrten Fall könnte das Ihnen angebotene Grundstück keine öffentliche Zufahrt aufweisen. Dann wären Sie darauf ange­wiesen, ein Nachbargrundstück hierfür in Anspruch zu nehmen. Vermutlich besteht in einem solchen Fall ein Wege- und auch Leitungsrecht zu Ihren Gunsten.

12. Beschaffenheit der Bausubstanz

Ein Laie vermag in den seltensten Fällen zu beurteilen, ob größere bauliche Maßnahmen zur Restaurierung, Sanierung und Erhaltung eines älteren Hauses erforderlich sind oder ob man mit einem Minimum an Arbeiten auskommt, diese eventuell sogar selbst durchführen kann. Der Zustand der Grundmauern, der tragenden Innenwände, des Dachstuhls, des Daches sollten von einem Baufachmann beurteilt werden, unabhängig von Ihren Plänen in Bezug auf Veränd­erungen.

Nicht nur Haupt- und Nebengebäude, sondern auch Einfriedungen, also Einfassungsmauern und Tore müssen sorgfältig geprüft werden. Machen Sie sich darauf gefasst, dass die Restaurierung eines zwar romantischen, aber heruntergekommenen Einfamilien­hauses einschließlich der vermutlich dringend notwendigen Er­neuerung aller sanitären Anlagen und der Installation einer modernen Heizung 100.000 Pfund Sterling sehr schnell erreicht.

Zur Beurteilung einer Eigentumswohnung, ob im Erstbezug oder von einem Vorbesitzer übernommen, und des Hauses, in welchem sie sich befindet, sollte man möglichst einen Architekten hinzu­ziehen. Das Honorar für seine Konsultation, umgerechnet etwa £100 bis £300 (ca. 145 bis 435 Euro) – je nach Größe des Objekts – ist in jedem Fall geringer als der Aufwand, einen von Ihnen nicht rechtzeitig erkannten und reklamierten Baufehler zu reparieren. Ein Gutachten für ein größeres Anwesen kann zwischen £300 und £500 (ca. 435 bis 725 Euro) kosten.

13. Instandsetzungsarbeiten

Sind Arbeiten wie Erneuer­ungsmaßnahmen am Dachstuhl oder an der Deckung, das Einziehen neuer tragender Balken und von Zwischenwänden, der Einbau neuer Fenster und Türen oder Reparaturen im Installationsbereich als notwendig erkannt worden, muss deren Reihenfolge festgelegt werden. Priorität genießt immer das Dach. Es empfiehlt sich eine überschlägige Kalkulation der Gesamt­kosten durch einen oder mehrere Fachleute. Bedenken Sie auch den Zeitfaktor bei den anstehenden Arbeiten – und setzen Sie den von Ihnen anfänglich geplanten Einzugstermin schon jetzt vorsichtshalber um sechs Monate weiter nach hinten. Die Termin­zusagen der Handwerker sind in England ebenso wenig verlässlich wie bei uns.

Beim Errechnen der voraussichtlich entstehenden Restaurierungs­kosten verkalkuliert sich der Nichtfachmann und Hobbywerker meist sehr. Denn der Umfang vieler Arbeiten ist im Vorhinein nicht erkennbar und stellt sich erst im Laufe der Zeit heraus. Ziehen Sie deshalb in Betracht, dass mancher Posten in der von Ihnen zunächst überschlägig aufgestellten Schätzung der Arbeiten und Materialkosten am Ende aufs Doppelte hinauslaufen kann, wie weiter oben bereits angedeutet wurde.

14. Architekten und Handwerker vor Ort

Auch in kleineren Ortschaften finden Sie vermutlich Bauhandwerker, Zimmerleute, Dachdecker für notwendige Bau- bzw. Restaurierungsmaß­nahmen, Innenausbauten oder Renovierungen. Empfehlungen zufriedener Nachbarn sind immer noch der beste Weg, zuver­lässige Leute zu bekommen. Ihr Makler wird Ihnen ebenfalls Empfehlungen geben und einen Architekten nennen können.

Entscheiden Sie sich möglichst für die Verwendung landes- und ortsüblicher Baumaterialien, sowohl für Restaurierungsarbeiten als auch bei der Erstellung eines Neubaus. Zum einen können ortsansässige Handwerker damit besser umgehen, zum anderen passt ein bayrischer Balkon nicht zu einem Landhaus in den Cotswolds.

15. Wasser-, Gas- und Stromversorgung

Hat das von Ihnen avisierte Objekt einen kommunalen Wasseranschluss? Innerhalb geschlossener Ortschaften oder in unmittelbarer Ortsnähe wird sich die Frage nach ausreichender Wasserversorgung kaum stellen. Aber in abgelegenen Gegenden könnte es sein, dass das betreffende Objekt nicht an das Versorgungsnetz angeschlossen; die Entsorgung findet dort durch eine Grube ( cesspit) statt. Man ist in diesem Fall also auf einen eigenen Brunnen mit elektrischer Pumpe und auf einen Gruben-Entleerungsdienst angewiesen.

Der Wasserverbrauch wird per Uhr ermittelt, üblich sind monatliche Abschlagszahlungen.

In England beträgt die Wechselstromspannung 240 Volt. Es konkurrieren heutzutage verschiedene Energiefirmen um die Gunst der Verbraucher; lassen Sie sich gut beraten. Dasselbe gilt für die Gasversorgung. Noch gibt es außerhalb der größeren Städte nur wenige Gegenden, die mit Ferngas versorgt werden; individuelle Öl- und Elektroheizungen sind vorrangig zu finden.

16. Zufahrtswege

Auf dem Lande kann dieses Kriterium mit einiger Problematik behaftet sein. Die Pflege ausschließlich privat genutzter Zufahrten, egal von welcher Länge, wird von den Kommunalbehörden in aller Regel ignoriert und ist Sache der Anlieger. Soll hier (auch im Interesse des Briefträges und Ihrer Lieferanten) etwas geschehen, sind Eigeninitiative und ent­sprechendes Gerät gefragt. Wenn mancherorts beides bisher nicht vorhanden war, wird man es sehr begrüßen, wenn Sie als neu Hinzuziehender aktiv werden. Sprechen Sie sich aber mit Ihren Nachbarn ab, die Ihnen vielleicht triftige Gründe nennen, warum manches lieber so bleibt, wie es ist. Das Auto mit Vierradantrieb ist möglicherweise die bessere Alternative zur einer teuren und am Ende all zu auffälligen Grundstückszufahrt.

17. Andere Interessenten

Jeder zweite Makler, das darf unterstellt werden, wird Ihnen überzeugend versichern, dass noch einige weitere Interessenten auf das von Ihnen in Erwägung gezogene Objekt reflektieren und dass daher ein schneller Entschluss von Nöten sei. Ob dies der Wahrheit entspricht oder nicht: Überstürzen Sie keine Entscheidung. Die »anderen Inter­essenten« tun es nämlich auch nicht. Unter Zeitdruck handeln, heißt Risiken eingehen.

Der Makler ist aber verpflichtet, jedes auch nur vage geäußerte Interesse an einem Objekt dem Verkäufer mitzuteilen. Und da reizvolle Liegenschaften auch auf diversen Wegen und meist in mehreren Medien angeboten werden, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass Sie nicht der Einzige sind, der sich meldet. Dennoch sollte die Erwähnung, dass andere Interessenten am Ball sind, Sie nicht dazu verleiten, ein höheres Gebot abzugeben.

Es gibt Mittel, um festzustellen, ob zur Zeit (noch) mehrere Inter­essenten für das Objekt optieren. Dies ist nämlich um so unwahr­scheinlicher, je länger das betreffende Objekt bereits zum Verkauf steht. Auf Ihre diesbezügliche Frage wird Ihnen der Verkäufer oder Vermittler dies vielleicht nicht mitteilen; Sie erfahren den Tatbestand aber durch Nachbarn, die das meist sehr genau wissen.

Dass andere Interessenten vor Ihnen sich für das Objekt negativ entschieden, muss nicht unbedingt an einem »Pferdefuß« liegen, den jene entdeckt haben und der Ihnen möglicherweise verborgen blieb. Jeder hat individuelle Gründe, aus denen ein selbst sehr reizvolles Objekt bei näherer Inaugenscheinnahme doch nicht in Frage kommt. Manche Häuser warten wirklich sehr lange auf den Käufer, Kenner, Liebhaber – und es gibt letztendlich für jeden Interessenten genau das richtige Objekt.

18. Infrastruktur

Wo viele Menschen wohnen, werden Sie auch eine Infrastruktur vorfinden, die ihren Bedürfnissen entspricht: Verkehrsmittelanbindung, Einkaufsmöglichkeiten, Servicebetriebe, Gastronomie, medizinische Versorgung. Auf dem Lande jedoch, vor allem in weitab gelegenen Gebieten, sieht das ganz anders aus. Finden Sie also heraus, wie weit Sie es bis zu den nächsten Geschäften haben, wo sich die nächste Tankstelle und ein Kundendienstbetrieb für Ihren Wagen befindet, wie Sie – im Falle Ihr Auto mal streiken sollte – mit öffentlichen Verkehrsmitteln weiterkommen. Ebenso wichtig: Arzt, Apotheke, Hospital. Sind Sie als Junggeselle auf die Nähe eines Waschsalons angewiesen, möchten Sie als Sportsnatur regelmäßig ein Fitness-Center auf­suchen, sind Sie ein leidenschaftlicher Golfspieler?

Wenn Sie sich permanent in England ansiedeln möchten und Kinder haben, ergeben sich weitere Fragen hinsichtlich Schul­besuch, Nähe eines Kindergartens, Jugendclubs. Senioren könnten eines Tages auf regelmäßige Betreuung angewiesen sein. In romantischer, aber doch einsamer Abgeschiedenheit verkom­pliziert sich manches allein durch lange Anfahrtswege. An all dies ist zu denken, ehe Sie die Wahl Ihres Standort treffen.

19. Wiederverkauf

Bedenken Sie auch, dass Sie sich irgendwann vielleicht einmal veranlasst sehen, das Objekt wieder zu verkaufen. Je extremer die Lage oder die Art der Immobilie, desto schwerer könnte sich später ein Interessent dafür finden lassen. Manche Liebhaberstücke sind letztendlich nur über einen sehr niedrigen Preis wieder zu verkaufen. Wenn Sie sich für den Erwerb eines Anwesens entschließen, das sehr lange Zeit auf einen Käufer wartete, so müssen Sie damit rechnen, dass auch Sie eines Tages Probleme mit einem Weiterverkauf haben könnten.

20. Umweltbelästigungen

Vergewissern Sie sich genau, ob das von Ihnen favorisierte Objekt in der Nähe einer Einrichtung liegt, die Ihnen über kurz oder lang den Aufenthalt verleiden könnte. Das mag eine Bahnlinie sein, die Sie zuvor gar nicht wahrgenommen haben, auf der aber in den Nachtstunden pausenlos Güterzüge vorbeirattern (was je nach Windrichtung stärker oder schwächer wahrnehmbar ist). Das kann ein Industriebetrieb hinter der nächsten Hügelkuppe sein, von dessen Emissionen Sie nichts mitbekommen haben, weil Sie Ihr Traumgrundstück an einem Wochenende besichtigt haben. Das kann eine regelmäßig von schweren Muldenkippern befahrene Nebenstraße sein, die zu einer von Ihnen anfangs unbemerkt gebliebenen Kiesgrube führt oder von der man Ihnen gesagt hat, sie sei längst nicht mehr in Betrieb.

Grundstücke in Meeresnähe sind immer gefragt. Halten Sie es aus, dass hier das Wetter oft windig und wechselhaft, im Winter auch stürmisch ist? Und ob eines Tages einige Seemeilen vor der Küste ein Tanker auseinander bricht, kann auch niemand vorhersagen. Für keinen Strand, für keine Insel- oder Klippenküste auf der ganzen Welt kann man heute noch eine Garantie abgeben, dass sie auf ewige Zeiten ihre Unverdorbenheit behalten. Die An­strengungen von Natur- und Umweltschutz werden zwar immer größer, aber sie können uns nicht vor den Folgen jener Katastrophen bewahren, die Orkane und andere, extreme Klimaerscheinungen mit all ihren Folgen verursachen.

Dieser Artikel ist ein Auszug aus Leben und Arbeiten in England.


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