Sozialversicherung

Das spanische Sozialversicherungssystem

Die grundlegenden Regelungen der spanischen Sozialver­sicherung finden sich nun im neuen allgemeinen Sozialversiche­rungsgesetz, welches am 1. September 1994 in Kraft getreten ist.

Zahlreiche Detailbestimmungen finden sich jedoch noch immer in älteren Gesetzen oder Dekreten. Außerdem werden die Höhe der Sozialversicherungsbeiträge und auch der Renten jährlich neu im Haushaltsgesetz geregelt.

Grundzüge des spanischen Sozialversicherungssystems

Die spanische Sozialversicherung kann in zwei große Systeme unterteilt werden. Am wichtigsten ist das allgemeine System, das régimen general, in dem vornehmlich Arbeitnehmer versichert sind.

Daneben bestehen besondere Systeme, régimenes especiales, für Personen mit beruflichen Aktivitäten, die aufgrund ihrer Natur, ihrer Arbeits­bedingungen oder ähnlicher Umstände nach Ansicht des spanischen Gesetzgebers eine besondere Regel verlangen. So bestehen beispielsweise spezielle Systeme für Selbst­ständige und Freiberufler, für in der Landwirtschaft Beschäftigte, für Seeleute und Studenten.

Im allgemeinen System gibt es auch einige Sondergruppen, die aber nur bei der Anmeldung und dem Beitragswesen Besonderheiten aufweisen. Daneben bestehen auch einige Unter­schiede für Arbeitnehmern gleichgestellte Personen.

Schließlich ist zu erwähnen, dass es im allgemeinen System neben den hier behandelten Leistungen für Beitragszahler auch Leistungen für Nichtbeitragszahler gibt, die jedoch nicht weit erörtert werden können.

Allgemeines System der Sozialversicherung

Im allgemeinen System der Sozialversicherung sind alle Arbeitnehmer sowie diesen gleichgestellte Personen in Spanien pflichtversichert. Darunter werden Spanier, die mindestens 16 Jahre alt sind, in Spanien ihren ständigen Wohnsitz haben und dort unselbstständige Tätigkeiten oder gleichgestellte Tätigkeiten aus­üben, verstanden. Auch in Spanien wohnende und arbeitende Aus­länder unterfallen diesem System, sofern das in internationalen Verträgen vorgesehen ist, was faktisch für fast alle Ausländer der Fall ist.

Der Begriff des unselbstständig Beschäftigten im spanischen Sozialversicherungsrecht geht weit über den Begriff des Arbeitnehmers im Arbeitsrecht hinaus und umfasst auch leitende Angestellte, die nicht dem allgemeinen Arbeitsrecht unter­liegen zeitweilig oder unregelmäßig beschäftigte Personen, Heim­arbeiter sowie andere Personengruppen wie z.B. den unselbst­ständigen Handelsvertreter, die durch gesetzliche Regelung den unselbstständig Beschäftigten gleichgestellt werden.

Nicht versicherungspflichtig sind im Betrieb des Arbeitgebers beschäftigte Ehegatten, Eltern, Kinder und weitere Angehörige bis zum zweiten Verwandtschafts- oder Schwägerschaftsgrad, wenn sie in dem Haushalt des Arbeitgebers wohnen und von ihm unterhalten werden. Sie gelten nicht als Lohnempfänger. Diese gesetzliche Vermutung kann jedoch im Einzelfall von den betreffenden Personen widerlegt werden.

Unter das allgemeine System fallen auch nicht Personen, die gelegentliche Arbeiten im Rahmen von Freundschaftsdiensten oder Nachbarschaftshilfe leisten. Personen, die Arbeiten verrichten, die zu einer Ein­schreibung in besondere Systeme der Sozialversicherung führen, werden ebenfalls nicht vom allgemeinen System erfasst.

Als Arbeitgeber im Sinne des Sozialversicherungsrechts gilt jede natürliche oder juristische Person, die versicherungspflichtige Personen beschäftigt, ohne Rücksicht darauf, ob ihre Tätigkeit auf Gewinnerzielung ausgerichtet ist oder nicht.

Allgemeine Pflichten des Arbeitgebers

Die allgemeinen Pflichten des Arbeitgebers ergeben sich aus dem neuen Sozialversicherungsgesetz sowie einem weitergeltenden Königlichen Dekret aus 1996 (RDL 84/1996).

Bevor ein Arbeitgeber seine Tätigkeit aufnimmt, muss er sich in das allgemeine System der Sozialversicherung eintragen. Der Antrag auf Einschreibung ist mit einem offiziellen Formular bei der Dirección General de la Seguridad Social oder bei anderen Stellen, den agencias oder administraciones der Sozialver­sicherung zu stellen. Örtlich zuständig sind die Stellen in der Provinz, in der der Arbeitgeber seinen Sitz hat.

Bei der Ein­schreibung muss der Arbeitgeber angeben, welche Art der Arbeits­unfall- und Berufskrankheitenversicherung er für sein Unter­nehmen gewählt hat. Der Arbeitgeber kann nämlich den Bereich Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten sowohl durch die staatliche Sozialversicherung als auch durch Mutuas de Accidentes de Trabajo y Enfermedades Profesionales, vergleichbar den Ver­sicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit in Deutschland, abdecken lassen. Diesen mutuas, die mit der Sozialversicherung zusammen­arbeiten, können die Arbeitgeber beitreten, müssen dann aber alle ihre Arbeitnehmer dort versichern.

Zur Einschreibung benötigt der Arbeitgeber, wenn es sich um eine natürliche Person handelt, Reisepass oder Personalausweis und einen Nachweis über die erfolgte Anmeldung zur spanischen Form der Gewerbesteuer Impuesto sobre Actividades Económicas. Ist der Arbeitgeber eine juristische Person, müssen die Gründungs­urkunde oder ein Handelsregisterauszug, die steuerliche Identifi­kationsnummer sowie ein Personaldokument der natürlichen Person, die die Einschreibung beantragt, vorgelegt werden.

Auch eine ausländische juristische Person kann sich unter Vorlage der sie im Ausland (Einschreibung in das ausländische Handels­register, Vollmachten, Apostille, Übersetzung) und im Inland (Steueridentifkationsnummer) ausweisenden Unterlagen bei der Sozialversicherung eintragen lassen und demnach in Spanien Arbeitnehmer anstellen, ohne dass es der Gründung einer spanischen Gesellschaft oder einer im Handelsregister eintra­gungspflichtigen unselbstständigen Niederlassung bedarf.

Die Aufgabe des Unternehmens sowie Veränderungen der gemeldeten Daten müssen ebenfalls angezeigt werden, und zwar grundsätzlich innerhalb von fünf Tagen nach Eintritt der Änderung. Nur der Wechsel der Arbeitsunfallversicherung muss bereits zehn Tage vor Eintritt der Änderung angekündigt werden. Bei der Einschreibung muss außerdem die Eröffnung eines Beitragskontos beantragt werden.

Die Arbeitgeber sind weiterhin verpflichtet, die bei ihnen beschäftigten Arbeitnehmer, die noch nicht bei der Sozialver­sicherung angemeldet sind, innerhalb von fünf Tagen nach Arbeits­aufnahme dort anzumelden. Die Anmeldung ist bei den oben genannten Stellen vorzunehmen.

Dem Arbeitnehmer wird eine Sozialversicherungsnummer zugeteilt, die lebenslang gilt. Der Arbeitgeber erhält ein Dokument über die Anmeldung, welches er dem Arbeitnehmer auszuhändigen hat. Kommt der Arbeitgeber der Anmeldepflicht nicht nach, kann sich der Arbeitnehmer selbst anmelden oder die Sozialversicherung kann dies von Amts wegen durchführen. Bei Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses besteht für die Arbeitgeber die Verpflichtung, den oben bezeich­neten Stellen diese Tatsache innerhalb von fünf Tagen anzuzeigen.

Die Arbeitgeber sind verpflichtet, ein Personalbuch, das Libro de Matricula del Personal zu führen, in dem alle bei ihnen beschäftigten Arbeitnehmer ab dem Beschäftigungsbeginn einge­tragen sein müssen. Das vorgeschriebene Modell ist bei den Inspecciones Provinciales de Trabajo y Seguridad Social erhältlich. Bei Inspektionen der Arbeitsverwaltung im Betrieb ist tunlichst darauf zu achten, dass die anwesenden Beschäftigten dort auch eingetragen sind.

Beginn und Ende der Beitragspflicht

Die Beitragspflicht entsteht mit dem Beginn der tatsächlichen Beschäftigung, wozu auch der Beginn einer Probezeit zählt, und jedenfalls auch mit Stellung des Antrags auf Anmeldung in der Sozialversicherung, bzw. mit Anzeige des Beschäftigungsbeginns. Sie besteht solange, wie der Arbeitnehmer seine Leistungen erbringt, bzw. solange seine Beschäftigung angezeigt ist. Sie endet erst mit der Anzeige des Beschäftigungsendes, es sei denn der Arbeitnehmer erbringt tatsächlich weiter seine Arbeitsleistung. Während Streiks und Aussperrungen wird die Beitragspflicht unterbrochen.

Beitragsschuldner und Abführung der Beiträge

Die Beiträge zur Sozialversicherung bestehen ebenso wie in Deutschland aus zwei Teilen, von denen der eine vom Arbeitgeber, der andere vom Arbeitnehmer getragen wird. Nur die Beiträge bezüglich der Absicherung gegen Arbeitsunfälle und Berufs­krankheiten werden ebenso wie in Deutschland ausschließlich vom Arbeitgeber getragen.

Der Arbeitgeber ist verantwortlich für die Zahlung der gesamten Beiträge. Bei der Entgeltzahlung an seine Beschäftigten behält er den jeweiligen Arbeitnehmeranteil ein, um ihn sodann an die Sozialversicherung abzuführen.

Die Zahlung beider Anteile hat innerhalb eines Monats nach Auszahlung des Entgeltes auf ein Konto der Tesoreria General de la Seguridad Social, der Schatz­meisterei der Sozialversicherung, bei Banken und Sparkassen zu erfolgen. Bei verspäteter Zahlung oder verspäteter Vorlage der notwendigen Dokumente werden Verspätungs­zuschläge fällig, die abhängig von der Dauer zwischen 5 und 35% der fälligen Beiträge ausmachen können. Bei vorübergehenden Zahlungsschwierig­keiten können auf Antrag Fristverlängerungen und die Möglichkeit von Teilzahlungen gewährt werden.

Berechnung der Beiträge

Zu Anfang eines jeden Jahres wird ein Prozentsatz für jede Art der Versicherung, die von der Sozialversicherung umfasst ist, festge­setzt. Dieser Satz ist auf die Beitragsbemessungsgrundlage, die sich auf den jeweiligen Arbeitnehmer bezieht, anzuwenden. So erhält man den Betrag des abzuführenden Beitrags.

Beitragssätze

Die Beitragssätze werden jährlich neu geregelt im Haushaltsgesetz und der dazu im ersten Monat des Jahres ergehenden Durchführungs­verordnung.

Von der Verteilung her zeigt sich hier eine deutlich höhere Belastung des Arbeitgebers als in Deutschland, wo Beiträge zur Sozial­versicherung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer grundsätzlich jeweils zur Hälfte getragen werden.

Jedoch liegt die Beitragsbe­messungsgrenze in Spanien deutlich niedriger. Dem Arbeitgeber obliegen in Spanien zudem ebenso wie in Deutschland die Beiträge zur Versicherung gegen die Folgen von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten.

Die Vergütung für geleistete Überstunden, die auf höherer Gewalt beruhen oder strukturell bedingt sind, wird mit einem Sonder­beitrag belegt. Strukturell bedingt sind Überstunden z.B. aufgrund von unvorhergesehenen Aufträgen, Produktionsspitzen oder unvorhergesehener Abwesenheit.

Bemerkenswert ist die Möglichkeit, dass spanische Arbeitgeber die Höhe der Beitragssätze beeinflussen können, indem sie Leistungen der Sozialversicherung bei vorübergehender Arbeitsunfähigkeit und der medizinischen Versorgung selbst übernehmen oder einem Versicherungsunternehmen überlassen und insofern die Sozial­versicherung entlasten.

Übernimmt der Arbeitgeber oder eine von ihm kontrahierte Versicherung Arztkosten und beispielsweise das gesamte Krankengeld, ermäßigt sich der Beitragssatz für die Kranken- und Rentenversicherung. So z.B. verringert sich der Beitrag um 5,5%, wenn die Arbeitgeber nur Geldleistungen während der vorübergehenden Arbeitsfähigkeit übernehmen.

Bemessungsgrundlagen

Die Bemessungsgrundlage für alle genannten Versicherungsarten errechnet sich aus der Summe aller monatlichen Vergütung sowie außerordentlichen Zahlungen und Gewinnbeteiligung die gleich­mäßig auf zwölf Monate umgelegt werden.

Nicht zur Bemessungs­grundlage gehören Reise- und Fahrtkosten­entwertungen, Ent­fernungszulagen und Zuschüsse für die Benutzer des öffentlichen Nahverkehrs, Entschädigungen im Todesfall, Umzug anlässlich Entlassung und Aufhebung des Arbeitsverhältnisses, Zahlungen zum Ausgleich von Währungsverlust und der Abnutzung von Werkzeugen und für den Kauf von Arbeitskleidung, freiwillige Sach­leistungen, Zuwendungenanlässlich der Eheschließung, Leistungen der Sozialversicherung sowie Überstundenvergütungen. Letztere werden jedoch bei Berechnung der Bemessungsgrundlage für die Arbeitsunfallsicherung hinzugerechnet.

Im Haushaltsgesetz und der Durchführungsverordnung werden für verschiedene Gruppen von Arbeitnehmern jeweils Mindest- und eine Höchstbemessungsgrundlage für den gesamten Bereich der Sozialversicherung außer der Arbeitsunfallversicherung festgelegt.

Beitragsermäßigungen und -befreiungen

Das spanische Sozialversicherungsrecht kennt zahlreiche Aus­nahme­vorschriften über Beitragsermäßigungen oder -befreiungen, die den Arbeitgeberanteil zum Teil deutlich senken.

Diese Ver­günstigungen sollen generell einen Arbeitgeber belohnen, der bestimmte Personen einstellt, die sonst nur schwer eine Anstellung finden. So ist für Ausbildungsverträge geregelt, dass für einen Aus­zubildenden nur die Arbeitsunfallversicherung, die medizinische Versorgung, Geldleistungen während des Mutterschaftsurlaubs, Renten und der Lohngarantiefonds abgedeckt sind.

Bei Teilzeitarbeitsverträgen bestimmt sich die Bemessungs­grundlage nach den tatsächlich für die gearbeiteten Stunden erhaltenen Vergütungen. Jede weitere Arbeitsstunde, die über die vereinbarte Stundenzahl hinaus gearbeitet wird, gilt als Über­stunde. Arbeitskräfte, die weniger als 12 Stunden pro Woche oder 48 Stunden pro Monat arbeiten, haben nur Ansprüche auf Leistungen bei Arbeitsunfällen und Berufkrankheiten, medizinische Versorgung und Geldleistungen während des Mutterschafts­urlaubs.

Ordnungswidrigkeiten und Sanktionen

Verletzt der Arbeitgeber die oben ausgeführten Melde- oder Anzeigepflichten oder Beitragszahlungs- bzw. Abführungs­ver­pflichtungen gegenüber den Sozialversicherungsbehörden, kann ihm auferlegt werden, der Sozialversicherung dem Arbeitnehmer gegenüber erbrachte Leistungen zu ersetzen. Die Sanktionen für weitere Pflichtverstöße sind in den Gesetzen 8/88 und RDL 1/95 geregelt.

Einzelne Versicherungszweige

Die Sozialversicherung umfasst Sachleistungen bei der medizinischen Versorgung

Die Leistungen sind teilweise deutlich geringer als in Deutschland.

Dieser Artikel ist ein Auszug aus Auswandern nach Spanien 1.


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